Tigermücke erkennen

Erscheinungsbild

Die Asiatische Tigermücke (lateinisch Aedes albopictus) wurde das erste Mal 1894 von Skuse beschrieben. Sie gehört zur Ordnung der Diptera (Zweiflügler) und Familie der Culicidae (Stechmücken) [1]. Aedes albopictus hat eine Größe von 3,5 - 8 mm [2] und gehört damit zu den kleinen bis mittelgroßen Stechmückenarten [3]. Beide Geschlechter haben eine schwarzbraune bis schwarze Färbung [4] und sind darüber hinaus mit weißen Streifen gemustert [5]. Die schwarzen Hinterbeine besitzen an der Basis ihrer Tarsengliedern silbrige Schuppen. Damit ergeben sich fünf helle Ringe an den Hinterbeinen. Im Vergleich dazu haben die beiden vorderen Beinpaare eine weniger breite Ringelung, welche dort nur an den ersten beiden Tarsengelenken vorhanden ist [2]. Ein weiteres wichtiges Erkennungsmerkmal dieser Art ist der weiße Streifen, der sich vom Kopf zwischen den Augen bis hin zum Thorax zieht [5].

Entwicklungskreislauf

Entwicklungs- kreislauf

1. Adulte

Das Leben der adulten Stechmücken beginnt mit dem Schlupf aus der Puppe, ausgelöst durch das Platzen der Puppenhülle, an einer dafür vorgesehenen dorsalen Naht [1]. Innerhalb von 2-3 Tagen nach dem Schlupf verpaart sich die Asiatische Tigermücke wieder [6], häufig vor oder während der Blutmahlzeit [7].
Asiatische Tigermücke
Asiatische Tigermücke

2.

Eierstadium

In einem Lebenszyklus ist das Weibchen in der Lage 300-345 Eier abzulegen [6], wenn die Möglichkeit besteht mehrere Blutmahlzeiten aufzunehmen. Ein Gelege fasst durchschnittlich 62,5 Eier [8]. Die Eier werden zum Großteil in einem Bereich von 16 mm oberhalb der Wasseroberfläche abgelegt [9]. Diese sind sogenannte Delayed-Hatch Eier welche für einen erfolgreichen Schlupf erst überflutet werden müssen. Nur ungefähr 10% der Eier werden auf der Wasseroberfläche platziert [6]. Nach erfolgreicher Embryogenese im Ei, sind diese im Falle einer Überflutung bereit zu schlüpfen.

3.

Larvenstadien

Nach dem Schlupf der Larve durchläuft Selbige vier Larvenstadien, welche jeweils mit einer Häutung abgeschlossen werden. Alle Larvenstadien sind an das Wasser gebunden [3]. Die Larve ist jedoch auf atmosphärischen Sauerstoff angewiesen, welche sie zum Großteil über ihr Atemrohr, das Siphon, abdeckt. Zusätzlich ist sie in der Lage über die Haut Sauerstoff aufzunehmen [1]. Die Ernährung der Larven erfolgt über das Abweiden von Mikroorganismen und organischem Material vom Substrat der Brutstätte. Die Entwicklung der Larven ist stark temperaturabhängig. So kann die Entwicklung bei 20°C 11-15 Tage, vergleichsweise bei 30°C 6-8 Tage [10] dauern.
Asiatische Tigermücke
Asiatische Tigermücke

4.

Puppenstadium

Auf das vierte und letzte Larvenstadium folgt ein Puppenstadium, welches mit der Metamorphose abgeschlossen wird [1]. Die Entwicklung der Puppe ist auch temperaturabhängig und kann bei 30°C 1,8 Tage, hingegen bei 20°C fünf Tage in Anspruch nehmen [11]. Die Puppe ist nun nicht mehr in der Lage Sauerstoff über die Haut aufzunehmen und ist stattdessen auf ihre Atemröhrchen angewiesen [1]. Dafür machen Wachseinlagerungen und eine verstärkte Sklerotisierung die Puppen toleranter für verschiedene Wasserqualitäten. Darüber hinaus nimmt sie auch keine Nahrung mehr auf und wächst nicht weiter [12].

Verbreitung

Die Asiatische Tigermücke stammt ursprünglich aus Südostasien [6]. In ihrem Ursprungsland ist sie eine der häufigsten und am weitesten verbreiteten Mückenarten [5].

Im Zuge der Globalisierung kam es gegen Ende des 20. Jahrhundert zu einer bemerkenswerten Expansion der Asiatischen Tigermücke weltweit [6]. So war es der Art möglich, neue Populationsgebiete auf anderen Kontinenten zu erschließen, wobei die Hauptursache der Expansion die Verschleppung über den Handel mit Gebrauchtreifen [13] und Pflanzen [14] ist. Das Geschäft mit Gebrauchtreifen machte es der Tigermücke möglich, eine konstante Population in Italien aufzubauen. Die Ausbreitung in Südeuropa und darüber hinaus bis nach Deutschland ist über den Straßenverkehr und Schienenverkehr durch Transport der adulten Mücken [15] möglich gewesen.

Der Erstnachweis in Deutschland erfolgte 2007 durch ein Monitoring Programm der KABS e.V. (Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage) [16]. Eine sich vermehrende Population konnte 2014 im Osten Freiburgs nachgewiesen werden [17, 18].

Die natürliche Ausbreitung spielt für Ae. albopictus nur eine geringfügige Rolle [3]. Sie legt im Durchschnitt 100 m pro Tag zurück, bis sie einen Ort gefunden hat, der ihr Rückzugsmöglichkeiten, Nahrung und Blutmahlzeiten, sowie Brutstätten bietet [19].
Mosquito Karte
Ein weiterer Faktor, der zur enormen Ausbreitung in nördlicheren Gebieten beiträgt, ist die hohe Resistenz der Diapause-Eier gegen kältere Temperaturen [20].
Diese Resistenz wird durch eine erhöhte Synthese von Lipiden und Eigelb bei kälteren Temperaturen realisiert [21]. So konnten bereits Überwinterungen in den USA bei Temperaturen von unter -5°C festgestellt werden [22]. In Laborversuchen konnten Temperaturen von über -13°C von Eiern Ae. albopictus überleben [23].
Auch in Deutschland im Schwarzwald konnte eine Überwinterung im Feldversuch bei Durchschnittstemperaturen im Januar von -1 bis -2°C von Ae. albopictus festgestellt werden [24].

Brutstätten

Ae. albopictus zeichnet sich vor allem durch eine hohe Variabilität und Anpassungsfähigkeit bei der Wahl ihrer Brutstätten aus. In ihrem Ursprungsgebiet in den Wäldern Südostasiens werden die Eier in Baumhöhlen, Bambusstümpfen oder wasserspeichernden Pflanzen abgelegt. Im urbanen Bereich können jegliche Gegenstände, die Wasser sammeln, als Brutstätte dienen [21]. So wurden Ae. albopictus Larven bereits in Flaschen [25] oder selbst Haushaltsgeräten [26] nachgewiesen. Zusätzlich stellten Kittayapong und Strickman in ihrer Publikation 1993 [27] fest, dass selbst Ameisenfallen als Brutstätte in Frage kommen können. Durch diese Anpassungsfähigkeit konnte sich selbst eine Population in einer Großstadt wie Rom ansiedeln [28].

Medizinische Relevanz

Als Ektoparasit und kompetenter Vektor für verschiedene humanpathogene Viren und Filarien [3] besitzt die Asiatische Tigermücke eine bedeutende Rolle als Krankheitsüberträger.
Ae. albopictus kommt häufig in menschlicher Nähe vor [29], einerseits aufgrund ihrer Präferenz zu Säugetieren als Blutwirt [30], insbesondere des Menschen [31], andererseits wegen ihrer Fähigkeit ein breites Spektrum an Brutstätten zu nutzen, welche auch künstlich sein können [6]. Die Asiatische Tigermücke ist in der Lage, mindestens 23 Arboviren [22, 32, 33] zu übertragen und ist experimentell kompetenter Vektor von sieben Alphaviren, darunter Chikungunya und die östliche Pferdeenzephalomyelitis [34]. Ebenso wurde in Experimenten nachgewiesen, dass die Stechmücke eine Vielzahl an Flaviviren zu übertragen vermag, unter anderem den Dengue Serotyp Ι bis ΙV, das West-Nil Virus und das Gelbfieber Virus [34]. Shroyer et al. [35] stellten experimentell fest, dass eine vertikale Übertragung des Dengue Virus möglich ist. Unter Laborbedingungen war eine Übertragung des Zika Virus ebenso möglich [36]. In der Vergangenheit konnte Ae. albopictus 2007 als Ursache für einen endemischen Ausbruch der Chikungunya Krankheit in Italien ausgemacht werden [37, 38].
Ein weiterer Grund, der eine Bekämpfung unausweichlich macht, ist die Belästigung durch das ausdauernde, aggressive Stechverhalten von Ae. albopictus, welches besonders bei hohen Populationen zu einer Einschränkung der Lebensqualität führt [39].

Literaturverzeichnis

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